Vorwort des Autors

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Mit großer Wahrscheinlichkeit, liebe Leserin, lieber Leser, bist du Teil der Generation Z. Im neuen Jahrtausend geboren, wurden dir Digitale Medien in die Wiege gelegt. Deine Fotos standen in sozialen Netzwerken, ehe du deinen Namen aussprechen konntest. Antworten auf die Fragen des Lebens waren stets nur ein paar Klicks entfernt. Deine Eltern haben dir ein starkes Selbstwertgefühl vermittelt und dir gezeigt, dass Work-Life-Balance wichtiger ist als Karriere. Genährt durch deine Weltsicht, die tadellose Beherrschung der Instrumente der digitalen Welt und deine Wertmuster lebst du selbstbewusst im Hier und Jetzt. Trotzdem weißt du, dass Online- und Medienkompetenzen zwar wichtig, aber keine Freifahrt in die Sorglosigkeit sind, denn „Handy kann in Wahrheit jeder“, wie es auf neudeutsch heißt. Du ahnst, dass die Zukunft weniger Wohlstand bringen wird als früher. Wenn schon weniger Wohlstand, dann wenigstens mehr Freizeit und freie Entfaltung – diese Werte rücken für deine Generation in den Vordergrund.

Wenn die Falle zuschnappt...

Und so wundert es nicht, dass du im Bewerbungsgespräch ohne Umschweife auf geregelte Freizeit, Rücksichtnahme auf dein Privatleben und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten zu sprechen kommst und so geradewegs in die Falle tappst. Daher wundert es auch nicht, dass du zwei Wochen später eine Mail der Hochschule erhältst, in der dir mitgeteilt wird, dass sich 18 Personen um einen Studienplatz beworben haben. Du hast es aber leider nicht geschafft. Trotzdem alles Gute und Good Bye! Willkommen im Real-Life – dem täglichen Kampf um knappe Ressourcen in der Offline-Welt. Leider haben dich mit hoher Wahrscheinlichkeit weder Eltern noch Schule auf das große Gegeneinander vorbereitet, das dich nun erwartet, denn heute erledigen wir alles gern im TEAM (Toll Ein Anderer Machts!).

Jedes Bewerbungsverfahren ist schon gewonnen oder verloren, bevor es begonnen hat.

Wie aber sollst du, ein Kind der „Wir haben uns alle lieb“-Propaganda der letzten Jahre, nun auf einmal den Schalter umlegen und einen harten Konkurrenzkampf führen, geschweige denn gewinnen? Wie den Zuschlag für den einen Studienplatz erhalten, um den auch 17 andere Mitbewerber und Mitbewerberinnen kämpfen? Fragen wir Sun Tzu, einen klugen Kopf, der bereits 2000 Jahre tot ist, uns aber ein oft gelesenes literarisches Werk hinterlassen hat. Es nennt sich „Die Kunst des Krieges“. Dort lesen wir: „Die meisten Schlachten sind bereits gewonnen oder verloren, bevor sie überhaupt begonnen haben“. Auch der Kampf um die begehrten Plätze an der Hochschule wird gewonnen oder verloren, bevor er begonnen hat. Ob er gut ausgeht, entscheiden Intensität und Ernsthaftigkeit der Vorbereitung und, wie immer im Leben, auch ein wenig Glück und Sympathie.

Ich werde es schon schaffen! Das denken alle.

Was aber ist die optimale Vorbereitung auf das Auswahlverfahren einer Hochschule? Die Einstellung „Ich werde es schon schaffen!“ ist es nicht. Im Grunde genommen ist es ganz einfach. Natürlich musst du zunächst eine passende Grundeignung für das Studium mitbringen. Das will heißen, dass du für ein Mathematik-Studium mehr können musst, als eins und eins korrekt zusammenzuzählen. Das Studium ist kein Unterhaltungsprogramm für Gelangweilte, die nach etwas Abwechslung im Leben suchen oder für Abenteurer/-innen, die ihre Zelte im studentischen Großstadtdschungel aufschlagen wollen. Jedes Studium hat ein Ziel: Es bereitet seine Studierenden auf die Tätigkeit in einem speziellen Berufsfeld vor.

Du musst im Bewerbungsverfahren (und jetzt kommt die Mutter aller Bewerbungsstrategien) erfolgreich verkaufen können, dass das Studium die für dich beste Ausbildungsmöglichkeit ist, um dein Berufsziel zu erreichen. Dein übergeordnetes Ziel im Bewerbungsverfahren ist dein Berufsziel. Das Studium ist für dich nur Mittel zum Zweck, um es zu erreichen. Viele Bewerber/-innen verstehen das nicht und machen den Fehler, das Studium als Selbstzweck zu betrachten. Dann sind wir beim Thema „Weil es mich halt interessiert“ – was eine durchaus nette Einstellung ist, leider aber keinen Studienplatz garantiert. Sobald du diese Erkenntnis gewonnen hast, ist das im Bewerbungsverfahren schon die halbe Miete.

Warum Selbstbewusstsein gut, aber zu viel davon schlecht ist

Man liest es nicht nur in der Literatur, ich habe auch selbst erfahren, dass die Jungen immer selbstbewusster werden. Das ist auch gut so. Wir älteren 40+ Modelle hatten oft noch mit Erziehungsmethoden zu schaffen, die uns klein und gehorsam, statt groß und selbstbewusst gemacht haben. Nun ist es aber so, dass das neue Selbstbewusstsein, mit dem heute 18 bis 20-Jährige auftreten, allmählich beginnt, mit Overconvenience zu kokettieren. Ich will dazu nun eines von vielen kleinen Beispielen bringen, von denen ich erzählen könnte. In unserer Agentur beschäftigen wir immer wieder Studenten und Studentinnen, die zehn Stunden die Woche bei uns arbeiten, um Erfahrung zu sammeln und dafür auch gutes Geld verdienen. Hier die Geschichte: Ich, als Vorgesetzter, räume das Büromateriallager auf. Nach einiger Zeit muss ich zu einem Meeting. Ich bitte eine Studentin, weiter zu machen. Sie meint darauf nur lapidar, dass das nicht ihre Aufgabe sei und macht es nicht. Das ist es, was ich mit Overconvenience meine und glaubt mir Leute, so etwas kommt gar nicht gut an. Schon gar nicht im Bewerbungsgespräch, wo ihr es oft mit Personen zu tun haben werdet, die 40 oder 50 Jahre alt sind. Wir in dieser Altersgruppe stehen überhaupt nicht auf so etwas. Daher der Appell: „Lasst das lieber!“ Sinngemäß habe ich einmal formuliert, wie es um das Selbstbewusstsein im Aufnahmeverfahren bestellt sein sollte: „Sei selbstbewusst, ohne überheblich zu wirken. Sei dankbar für die Chance, die man dir bietet, ohne untertänig zu sein!“ Befolgst du diesen Ratschlag, freut sich nicht nur Immanuel Kant posthum, sondern auch dein/e Interviewer/in im Hier und Jetzt.

Ablauf der Auswahlverfahren an Hochschulen

Zuerst die schlechte Nachricht: Das eine Auswahlverfahren an Hochschulen gibt es nicht. Sie unterscheiden sich alle voneinander. Jetzt die gute Nachricht: Sämtliche Hochschulen schöpfen aus dem gleichen Pool verschiedener Selektionsinstrumente. Trotz aller Unterschiede sind die Auswahlverfahren daher sehr ähnlich aufgebaut. Aus Sicht des Bewerbers/ der Bewerberin ist das Auswahlverfahren ein dampfender Hexenkessel, randvoll gefüllt mit vermeintlich geheimnisvollen und furchteinflößenden Werkzeugen, die eingesetzt werden, um die „Guten“ von den „Schlechten“ zu trennen.

Es ist so wahnsinnig kompliziert einfach!

Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass hier ein ganz harmloses Gebräu friedlich vor sich hin köchelt. Seine Ingredienzien bestehen aus wissenschaftlich fundierten Methoden der Personalauswahl, also Methoden, die Unternehmen bei der Auswahl von Bewerber/-innen für eine Arbeitsstelle einsetzen. Wenn du weißt, welche das sind und wie sie funktionieren, löst sich der ganze Bewerbungsspuk schnell in Luft auf. Sehen wir uns die einzelnen Zutaten genauer an, merken wir, dass es derer gar nicht so viele sind. Im Wesentlichen sind es Folgende:

  • Schriftliche Bewerbungsunterlagen
  • Arbeitsproben
  • Psychologische Tests
  • Interviews
  • Präsentationen
  • Gruppendiskussionen
  • Postkorbübungen

Was machen die Hochschulen mit diesen Elementen? Sie greifen sich ein paar heraus (manchmal auch nur ein Einziges), modifizieren sie gemäß den Ansprüchen der einzelnen Studiengänge und – voilá! – gießen diese in ein hochschuleigenes Auswahlverfahren, das dann alle Bewerber/-innen durchlaufen müssen.

Besuch an der Hochschule

Ein Tipp, bevor du deine Bewerbung in Angriff nimmst: Statte der Hochschule einen Besuch ab, z.B. am Tag der offenen Tür, bei einer Veranstaltung für Studieninteressent/-innen oder auch ohne konkreten Anlass. Ziel dieses kurzen Tauchbades in der neuen Umgebung soll sein, dass du die dort herrschende Atmosphäre einfangen und dich mit den Örtlichkeiten vertraut machen kannst. Du wirst erkennen, welche Weltanschauung, welche Normen, Werte und Maßstäbe hier herrschen. Begleitende Schlüsse kannst du aus den Informationsunterlagen über die Hochschule und den Studiengang ziehen.

Ein Künstler ist kein Wirtschafter ist kein Techniker ist kein Geisteswissenschaftler ist kein...

Deine strategische Ausrichtung im Bewerbungsverfahren sollte sich an deinen Eindrücken orientieren. Ein Beispiel: Ich selbst hatte mich für einen wirtschaftlichen Studiengang einer kleineren Hochschule beworben. Schon im Foyer hing neben dem Treppenaufgang ein Werbeschild des Studiengangs mit einem doppeldeutigen Claim. „Ihr Aufstieg zur Elite“ stand darauf. Es gab nämlich keinen Lift. In den Informationsunterlagen standen Botschaften wie „Wir wollen nur die Besten.“  Am Infoabend waren sämtliche Vortragende klassisch gekleidet – die Männer trugen Anzug und Krawatte und die Damen ein Kostüm. Ihr Auftreten war korrekt, freundlich und professionell. Die modern ausgestatteten Räumlichkeiten, in alter, repräsentativer Bausubstanz, passten gut ins Bild. Alles war klein, fein, top und durchdrungen vom unausgesprochenen Leitbild „Erfolg“.

Mein Auftreten im Bewerbungsinterview habe ich an diese Situation angepasst. Ich kam in Anzug und Krawatte und verhielt mich seriös, zurückhaltend und freundlich, was mir zugegebenermaßen auch lag. Ich kann mich übrigens erinnern, dass ich später einmal einen Beurteilungsbogen eines Mitbewerbers zu Gesicht bekam, auf dem „Sportschuhe!“ vermerkt war. Hätte ich mich für einen künstlerisch-kreativen Studiengang beworben, wäre auf meiner Akte vermutlich „Overdressed!“ vermerkt gewesen. Der Besuch der Hochschule vor der eigentlichen Bewerbung hat noch einen weiteren Vorteil: Wie vorhin bereits erwähnt, kannst du dich vorab mit den Örtlichkeiten vertraut machen. Wirst du zum Bewerbungsinterview oder zum Test eingeladen, findet alles in einer dir bereits vertrauten Umgebung statt. Das reduziert dein Stresslevel, das an diesem Tag ohnehin hoch genug ist.

Tipps von einem alten Hasen

Wer ist das eigentlich, der dir hier Ratschläge erteilt und dir zeigt, wo es im Bewerbungsverfahren lang geht? Betrachte mich, den Autor, mit Augenzwinkern als Relikt des letzten Jahrtausends, denn ich befasse mich bereits seit 1999, sowohl wissenschaftlich als auch in der Praxis, mit dem Thema Bewerbungsverfahren an Hochschulen. Du kannst mir glauben, dass ich weiß, wie der Hase hier läuft. Sehr lange Zeit habe ich Bewerber/in um Bewerber/in für die Aufnahmeverfahren trainiert und dabei eine Geld-Zurück Garantie geboten. Das war mir möglich, weil 84% meiner Teilnehmer/-innen schon im ersten Anlauf bestanden haben.

Natürlich war dieses Training sehr zeitaufwändig. Irgendwann hatte ich die Zeit dafür nicht mehr, weil mich meine Karriere in berufliches Neuland getrieben hatte, das sehr spannend und profitabel war. Daher bot ich das Bewerbungstraining nicht mehr länger an. Ich dachte mir aber, dass es schade wäre, mein über die Jahre erworbenes Wissen und meine gesammelten Erfahrungen von nun an verschlossen in mir zu tragen, wo ich damit doch vielen Menschen helfen könnte. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen, hier auf StudiScan alles zu veröffentlichen, was ich dir an Tipps geben kann. Ein paar hundert Seiten sind es geworden, die jetzt nur noch ein paar Klicks entfernt sind.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Klicken und Lesen!

Dr. Peter Krammer (Autor)